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Eine Ära geht zu Ende

Pfarrer Andreas Pasquay

Am 2. Mai 2021 verabschiedet sich die Gemeinde nach über 35 Jahren Dienst von Pfarrer Andreas Pasquay.

Die Langenfelder Gemeindebriefredaktion hat ein ausführliches Interview mit Pfarrer Pasquay geführt:

Was hat Sie bewogen, Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden?

Aufgewachsen bin ich in einem sehr liberalen freigeistigen Elternhaus, in dem Musik und Kultur im Mittelpunkt des Interesses standen. Religiöse Kontakte gab es ja – aber eben vor allem in Form der Bachschen Oratorien oder früher in Kinderzeiten im Abendsegen von Humperdincks ‚Hänsel und Gretel‘. Einen echten Kontakt zur Kirche bekam ich durch eine sehr engagierte gesellschaftspolitische Jugendarbeit in einem der Solinger sozialen Brennpunkte. Der Pfarrberuf war damals noch lange nicht in Sicht. Ich studierte Theologie, um kritisch zu hinterfragen, was es denn mit dieser ‚Botschaft‘ in Wirklichkeit auf sich habe. Das Fragen hat nie aufgehört, es gehört für mich notwendigerweise zum Pfarrberuf dazu. Auch die Gabe, gemeinsam mit anderen Fragenden das Schweigen auszuhalten, wenn es keine offensichtlichen Antworten gibt … und zugleich in Kontakt zu bleiben. Das erlebe ich so oft in Seelsorge und Trauerbegleitung.
 

Sie sind seit 1982 in  Langenfeld. Können Sie uns kurz einen Überblick über die Entwicklung der Gemeinde in den letzten Jahrzehnten geben?

Als ‚Methusalem‘ im Pfarrkollegium J erinnere ich mich an so manche der Kolleg*innen, die diese Gemeinde in ihrer Vielfalt geprägt haben: Maschwitz (mein Mentor) und die Meditation, Rumberg und sein ‚Wort‘, Köhl und Israel, Raettig und seine ‚Kunst der Bilder‘ und viele andere mehr. Darauf konnten wir stolz sein. Der Pferdefuß aber war, das wir es oft nicht geschafft haben, aus der sogenannten Vielfalt eine Einheit werden zu lassen. Ich selbst habe da sicherlich auch manche unrühmliche Rolle gespielt. Wir lebten auf großem Fuß (und tun es eigentlich bis heute): Zwei Kindergärten, vier Kantoren, neun Pfarrer*innen, fünf (beinahe sechs) Zentren. Dann kamen die Einsparungswellen und es begann eine Geschichte der Fusionen: Wiescheid kam zu Immigrath, Johannes- und Erlöserkirche feierten Hochzeit, Richrath verlor eine Pfarrstelle. All das kostete viel Kraft (und nicht nur Geld). Dennoch ist es gelungen, wenigstens die Vielfalt in der Gemeinde am Leben zu erhalten. Dazu haben ganz viele – besonders ehrenamtlich Mitwirkende – Herzensmenschen beigetragen, der größte Schatz unserer Gemeinde.


Welche Begegnungen und Ereignisse werden Ihnen am stärksten in Erinnerung bleiben?

Ich nenne vier Ereignisse, die mich prägten: Das gesamtgemeindliche Theaterprojekt Gilgamesch (1986), das ‚Schweigen für den Frieden‘ über viele Jahre auf dem Markplatz unserer Stadt, der Beginn des KunsTraumKirche (zusammen mit Volker Raettig) und die vielen, unglaublich kreativen, KUWOs – Konfirmandenunterrichtswochen.

 

Gibt es Erfahrungen, auf die Sie gerne verzichtet hätten?

Verzichten könnte ich auf so manches ‚Klein-Klein‘, was aber menschlich ist und von daher auch gut kirchlich zu sein scheint. Schwer wiegt die Erfahrung, wie steinig ein Weg zu einer gesamtgemeindlich gemeinsamen inneren Haltung (und dem daraus folgenden Ausdruck in der Öffentlichkeit und im inneren Handeln) ist. Oft war das Festhalten an der jeweiligen Ortsteilidentität ein harter Brocken auf diesem Weg.

 

Was werden Sie vermissen?

Die Freude und zugleich dichte Konzentration so mancher Gottesdienste in der Erlöserkirche, die musikalischen Kostbarkeiten, die uns Esther Kim immer wieder schenkt, die „Hardt“ als Ort, an dem man/frau mit dem ‚lieben Gott‘ über jede Mauerspringen konnte, Stille im Segen und im gregorianischen Gesang der Männer und ein unglaublich herzliches, vertrautes Team ‚vor Ort‘.

 

Gibt es Dinge, bei denen Sie sich gewünscht hätten, mehr zu bewegen?

Ich glaube, ich habe so manches ‚bewegen‘ können. Da bin ich dankbar – dem lieben Gott gegenüber und auch der Gemeinde, die den notwendigen Freiraum dazu gegeben hat. Was mehr hätte gelingen können, dem lieben Gott und seiner/ihrer Dynamik mehr Raum, sich zu entfalten, zu geben, als den jeweiligen Befindlichkeiten. Es wäre besser gewesen, nicht noch mehr zu bewegen, als vielmehr mehr zu lassen … zuzulassen.

 

Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?

Ich freue mich sehr, Dominik Pioch als künftigen Pfarrstelleninhaber an der Erlöserkirche zu wissen. „Er wird’s wohl machen!“ Ps 37,5 Es sind vier Erfahrungen, die ich ihm mitgebe – keine Ratschläge, denn diese ‚schlagen‘ zu sehr: Bleibe neugierig,denn auch wenn Du nicht weißt, was kommt – es kommt und Gott wird mit Dir sein. Bleibe zugewandt – denn dann wird sich alles, auch das Schwierigste im Dienst, sich zum Guten wenden. Bleibe Theologe – denn das ist das erste Handwerkzeug, das du (wir) gelernt hast. Bleibe fröhlich und pflege den rheinischen Frohsinn – denn in der Freude liegt der Segen Gottes.

 

Fazit der Tätigkeit?

Im Grunde genommen gibt es kein Fazit, kein Ergebnis. Als Pfarrer an der Erlöserkirche durfte ich an einem schöpferisch-kreativen Prozess‚ Gemeinde/Kirche teilhaben und mitwirken, der alles andere als abgeschlossen ist. Und dieser Prozess geht Gott-sei-Dank weiter: Wie – das weiß ich nicht; Dass er weitergeht – davon bin ich überzeugt. Und darum bin ich gerne Pfarrer gewesen und würde diesen Beruf immer wieder wählen.

Danke für das Gespräch.
Redaktion GeMeindeBrief

 

Die Verabschiedung von Pfr. Andreas Pasquay – am kommenden Sonntag, den 02.05.2021 um 16.00 Uhr – wird wegen der Coronaschutzmaßnahmen nicht (wie geplant) als Open-Air-Gottesdienst stattfinden, sondern wird als Life-Stream-Gottesdienst aus der Erlöserkirche zeitgleich übertragen:
www.kirche-langenfeld.de