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117. ordentliche Kreissynode des Kirchenkreises Leverkusen

Synode beschließt Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt und die Durchführung eines Schöpfungsjahres 2022.

Die 117. Ordentliche Kreissynode des Kirchenkreises Leverkusen tagte am 18. Juni 2021 per Zoom. Vertreterinnen und Vertreter der elf Gemeinden in Leverkusen, Langenfeld, Monheim, Leichlingen und Burscheid befassten sich mit dem Thema „Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt“ des Kirchenkreises Leverkusen. Eine Einführung in das Thema gab Kirchenrätin Lara Salewski, Dezernentin im Landeskirchenamt der evangelischen Kirche im Rheinland. Darüber hinaus standen Wahlen zu verschiedenen Ausschüssen, Anträge und der Jahresabschluss des Kita-Träger-Verbundes auf der Tagesordnung.

Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt des Kirchenkreises Leverkusen

Die Synode verabschiedete einstimmig das vorgelegte Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt. „Das Konzept ist nicht die Lösung, es bietet entschiedene Hilfen zur Prävention und Intervention.“, erklärte Superintendent Bernd-Ekkehart Scholten. 

Mit dem Schutzkonzept nimmt der Kirchenkreis Leverkusen seine Verantwortung wahr im Blick auf Betroffene von sexueller Gewalt. „Wir tun dies im Bewusstsein, dass der Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu den schwersten und langfristigen belastenden Beeinträchtigungen von Lebenswegen von Betroffenen führen kann und nur zu oft führt.

Dies sind wir nicht bereit hinzunehmen. Gottes Perspektive der besonderen Zuwendung zu den Schwachen  verpflichtet uns zu besonderer und verstärkter Aufmerksamkeit für die Betroffenen und zur konsequenten Einnahme ihrer Perspektive“, heißt es in dem Beschluss.

Die Kirchengemeinden haben sich schon seit geraumer Zeit mit dem Thema befasst und Regeln entwickelt. Mit dem Rahmen-Konzept des Kirchenkreises soll nun eine systematische Klammer geschaffen werden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema und verpflichtende Schulungen sind sehr breit angelegt, denn sie umfassen alle Mitarbeitenden – berufliche wie ehrenamtliche in Kirchengemeinden sowie den synodalen Werken und Arbeitsfeldern.

„Wir als evangelische Kirche haben bei diesem Thema - bei allem gesamtgesellschaftliches Anliegen - eine besonders hohe Verantwortung und Verpflichtung, tätig zu werden: aufmerksam sein, hinsehen, wirkungsvolle Hilfen anbieten und aktiv handeln“, sagt Bernd-Ekkehart Scholten. „Unsere kirchliche Arbeit wird erlebbar in der vertrauensvollen Beziehungsarbeit mit Menschen. Nähe birgt das Risiko, dass enge und vertrauensvolle Bindungen missbraucht und Menschen großer Schaden zugefügt wird.

Prävention

Für eine wirksame Prävention ist das vorrangige Ziel die Entwicklung einer Kultur der Achtsamkeit, des Respekts und der Enttabuisierung. Mit dieser gemeinsamen Grundhaltung und weiteren Maßnahmen wird sexualisierte Gewalt wahrgenommen und entsprechend geahndet.

Besonders grenzüberschreitendes Verhalten ist oftmals schwer greifbar, da es hier viel subjektiven Empfindungsrahmen gibt. So kann ein Witz z.B. von jemanden als lustig empfunden werden und von jemand anderem als sexistisch. Es ist ein wichtiges Ziel dieses Schutzkonzeptes, Mitarbeitende für das Thema sexualisierte Gewalt und deren Vielfalt zu sensibilisieren. Es ist uns ein besonderes Anliegen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie Verhaltensweisen oder Aussagen auf andere Menschen wirken können.

Bewusstsein schaffen bedeutet, schon im Vorfeld Situationen zu erkennen, die „Schutzbefohlene“ in eine Lage bringen können, die unangenehm für sie sind. Das kann zum Beispiel sein, dass eine erwachsene Person ein Kind, das weinend in der Ecke sitzt, trösten möchte und das Kind in den Arm nimmt.
„Ein ganz normaler Impuls“ - könnte man sagen. Doch wie empfindet das Kind den plötzlichen Körperkontakt, ist es angenehm, ist es eine vertraute Person? Hier setzt das Konzept an. Es geht nicht darum, wie eine Handlung gemeint ist – in dem Fall wahrscheinlich gut. Es geht vielmehr darum, ob das Kind so getröstet werden möchte. Um in dem Beispiel zu bleiben, könnte die erwachsene Person das Kind fragen: „Darf ich dich in den Arm nehmen?“

Sensibilisiert wird auch dafür, abwertende Formulierungen zu unterlassen, die beispielsweise auf die  geschlechtliche oder sexuelle Identität abzielen („Du bist doch kein richtiger Junge/ richtiges  Mädchen“). Darüber hinaus ist das Thema „Nähe und Distanz“ ganz zentral, damit Menschen „Antennen“ entwickeln können, wenn ihnen Anzeichen im Verhalten auffallen, etwa wenn Erwachsene mit Geschenken oder Gefälligkeiten eine besondere Vertrautheit herstellen wollen um sich den jungen Menschen anzunähern.

In einer Selbstverpflichtungserklärung bestätigen alle Mitarbeitenden, dass sie die Regeln für einen grenzachtenden Umgang mit Schutzbefohlenen und zum Vorgehen in Verdachtsfällen einhalten.

Außerdem sind alle Mitarbeitenden gehalten, (je nach kommunaler Vorgabe) alle drei bis fünf Jahre ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Bei begründeten Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt sind sie verpflichtet, den Verdacht an die Vertrauenspersonen des Kirchenkreises und der Landeskirche zu melden.

Intervention

Selbst bestmögliche Präventionsmaßnahmen garantieren keinen absoluten Schutz vor sexualisierter Gewalt. Ein großer Teil des Schutzkonzeptes stellt daher die Maßnahmen der Intervention dar. Interventionsarbeit zielt darauf ab, bereits ausgeübte sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen schnellstmöglich zu beenden und weitere Übergriffe zu verhindern.

Intervention beschreibt eine geordnete und fachliche begründete Vorgehensweise zum Umgang mit Hinweisen, Wahrnehmungen oder Meldungen von Vorfällen sexualisierter Gewalt. Intervention umfasst alle Maßnahmen, die dazu geeignet sind, Gefährdungen oder übergriffiges Verhalten schnellstmöglich zu beenden und weitere Gewalt zu verhindern. Der Schutz von Betroffenen und die Sicherstellung von Hilfen und Unterstützung haben dabei oberste Priorität.

Der Kirchenkreis hat sich etwa mit Vertrauenspersonen, Meldestelle und Handlungsplänen klare Grundlagen und Verfahrensregeln gegeben.

Das Schutzkonzept definiert verbindliche Regelungen zum Umgang mit Verdachtsfällen und Beschwerden. Kirchengemeinden, Einrichtungen und alle, die Angebote für Schutzbefohlene machen, müssen eine Potential- und Risikoanalyse für ihre Arbeitsbereiche vorzunehmen.

Auf einer anderen Ebene geht es um die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt. Parallel zum laufenden Aufarbeitungsprojekt der Evangelischen Kirche in Deutschland befasst sich die Evangelische Kirche im Rheinland mit konkreten Fällen und informiert darüber. 

 

Schöpfungsjahr 2022

 

Die Synode hat sich außerdem für einen Antrag des Ausschusses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ausgesprochen, im Jahr 2022 ein „Schöpfungsjahr“ im Kirchenkreis durchzuführen. Die Landessynode hatte bei der letzten Tagung beschlossen, die Treibhausgasemissionen der kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen bis 2025 (in Bezug auf 2005) zu halbieren. Darüber soll in dem Schöpfungsjahr mit vielfältigen Projekten und verschiedenen Formaten informiert werden, mit dem Ziel, viele Menschen zu sensibilisieren und zu motivieren, an dem Ziel zu arbeiten.

 

Info: Kreissynode

Die Synode ist das Leitungsgremium des Kirchenkreises Leverkusen, zu dem rund 70.000 evangelische Christen in Leverkusen, Langenfeld, Monheim, Burscheid und Leichlingen gehören. Die elf evangelischen Kirchengemeinden entsenden rund 100 Pfarrerinnen und Pfarrer, Presbyterinnen und Presbyter in die Synode. Sie wird geleitet von Superintendent Bernd-Ekkehart Scholten. Die Beratungen sind öffentlich, wenn die Synode nicht anders beschließt.